Altenpflege als Verliererin der Reform

21.06.2018

ver.di kritisiert die geplante Abwertung der Altenpflege in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe. In zentralen Punkten muss nachgebessert werden.

Am 13. Juni 2018 hat das Bundeskabinett die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe, die die weitere inhaltliche Ausgestaltung der neuen Ausbildungen regeln soll, zur Kenntnis genommen. Jetzt steht die Beratung im Bundestag an, am 25. Juni findet dazu eine Anhörung im Gesundheitsausschuss statt. ver.di sieht neben einigen positiven Aspekten weiterhin grundlegenden Nachbesserungsbedarf.

Zu befürchten ist, dass die Altenpflege die große Verliererin der Reform ist. Die im Vergleich zum Referentenentwurf vorgenommenen Änderungen in Anlage 4 zielen auf ein Absenken des Ausbildungsniveaus. Es macht zwar einen Unterschied, ein Kleinkind oder einen älteren Menschen zu pflegen, aber am erforderlichen Qualifikationsniveau der Profession ändert dies nichts. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen braucht es eine qualitativ hochwertige Ausbildung mit attraktiven Bedingungen. Professionelle Pflege ist mehr als ein großes Herz und Engagement. Die Ausbildung in der Altenpflege muss den anspruchsvollen Anforderungen an die pflegerische Versorgung gerecht werden. Es geht um eine menschenwürdige Pflege in der letzten Phase des Lebens. Dafür braucht es adäquat qualifiziertes Personal. Ziel aller Beteiligten muss sein, die Auszubildenden zu unterstützen, die dreijährige Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Mit der geplanten Ausgestaltung wird die Chance verpasst, die Altenpflege aufzuwerten und im Rahmen des Pflegeberufegesetzes gleichwertige Berufsabschlüsse auf den Weg zu bringen. Statt die überfällige Aufwertung der Altenpflege zu organisieren und mit attraktiven Bedingungen für ausreichend Fachkräfte zu werben, wird – wie auch bei der Zwischenprüfung – den Interessen der kommerziellen Pflegekonzerne entsprochen, die Altenpflege so billig wie möglich zu halten, um die Gewinne zu maximieren.

Die Zwischenprüfung ist dem Kompromiss zum Pflegeberufegesetz geschuldet und dient in erster Linie dazu, den Ländern zu ermöglichen, die bis dahin erworbenen Kompetenzen einer Pflegeassistenz- oder -helfer/-innenausbildung gleichzusetzen. ver.di spricht sich ausdrücklich gegen diese Möglichkeit aus. Vor allem die privaten Arbeitgeberverbände verfolgen damit das Anliegen, eine Anrechnung auf die Fachkraftquote in der Altenpflege zu erzielen. Eine solche Absenkung der Standards lehnen wir entschieden ab. Stattdessen braucht es aufgrund der veränderten Bewohner/innenstruktur mehr Fachkräfte. Wer es ernst meint mit der Aufwertung der Pflegeberufe, darf keine Aufspaltung pflegerischer Arbeit vorantreiben.

Im Übrigen führen die Regelungen zur Zwischenprüfung und zu Jahreszeugnissen zu einem unnötig hohen bürokratischen Aufwand, der noch dazu die Auszubildenden einem ständigen Prüfungsdruck aussetzt. Das kann der Ausbildungsqualität nicht dienlich sein. Beides braucht es nicht.

Notwendig ist Zeit für Ausbildung. Es braucht zusätzliches gut qualifiziertes Personal, um den Arbeitsdruck zu verringern und die Qualität der Ausbildung zu verbessern. Notwendig ist auch, bundeseinheitliche Qualitätsstandards zu verankern. ver.di begrüßt daher ausdrücklich, dass sich die Vorgabe zum Umfang der Praxisanleitung für die berufliche Pflegeausbildung auf die geplante und strukturierte Praxisanleitung beziehen soll. Damit wird eine langjährige Forderung von uns aufgegriffen. Es ist zu gewährleisten, dass Praxisanleiter/-innen für die Erfüllung ihrer Aufgaben von der Pflegearbeit freigestellt werden, damit ihnen die erforderliche Zeit zur Verfügung steht. Für eine nachhaltige Stärkung der Praxisanleitung muss die berufspädagogische Zusatzqualifikation einen vergleichbaren Umfang wie andere geregelte Weiterbildungsabschlüsse im Pflegebereich haben. Dies entspricht einem Umfang von mind. 720 Stunden.

Die Anforderungen an die Pflegefachkräfte steigen. Für eine gute pflegerische Versorgung benötigen wir eine qualitativ hochwertige Ausbildung für alle Auszubildende. Auch braucht es attraktiver Ausbildungsbedingungen, damit mehr Auszubildende für die Pflegeberufe gewonnen und nach ihrer Ausbildung im Beruf gehalten werden. Die Weichen müssen jetzt in die richtige Richtung gestellt werden. Keinesfalls darf es hinsichtlich des großen Bedarfs an Pflegefachkräften Einbrüche bei den Ausbildungszahlen geben.

Hier geht's zur ver.di-Pressemitteilung vom 25. Juni.

 

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