Es geht weiter, ver.di bleibt dran. Das war die zentrale Botschaft der Aktiventagung von Krankenhausbeschäftigten am 29. Juni 2019 in Kassel. Die gut 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zogen eine positive Bilanz der bisherigen Aktivitäten. »Wir haben verdammt viel geschafft«, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler. Noch vor wenigen Jahren habe die Gewerkschaft mit ihrer Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung weitgehend allein dagestanden. Inzwischen setze sich ein breites Bündnis aus Klinikbetreibern und Verbänden für bedarfsgerechte und bundeseinheitliche Vorgaben ein.
Deutlich wurde dies im Rahmen der »Konzertierten Aktion Pflege«. Diese hatte die Forderung nach gesetzlichen Personalstandards in ihr Maßnahmenpaket aufgenommen, nachdem sich ein Großteil der Akteure für den ver.di-Vorschlag ausgesprochen hatte, berichtete Niko Stumpfögger, der ver.di in der betreffenden Arbeitsgruppe vertrat. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat nach vielen Jahren ihre ablehnende Haltung gegen verbindliche Vorgaben aufgegeben. Gemeinsam mit ver.di und dem Pflegerat will die DKG bis Ende des Jahres ein Personalbemessungsinstrument für die Krankenhauspflege entwickeln. Der Auftakt der Gespräche sei sehr positiv verlaufen, berichtete Dana Lützkendorf, Intensivpflegerin und Vorsitzende des ver.di-Bundesfachbereichsvorstandes Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen.
»Zu diesem Paradigmenwechsel bei der DKG haben wir maßgeblich beigetragen«, betonte Bühler. Zugleich stellte sie klar, dass ver.di nicht nachlassen werde, bis die Entlastung auf den Stationen und in den Bereichen tatsächlich angekommen ist. Denn bislang ist das kaum der Fall. Der Fachkräftemangel dürfe dafür nicht länger als Ausrede herhalten, so die Gewerkschafterin. »Dagegen haben wir jede Menge gute Argumente.« Mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen könnten genug Fachkräfte für die Pflege gewonnen und im Beruf gehalten werden.
Auch auf betrieblicher und tariflicher Ebene werden die Aktivitäten fortgesetzt. Derzeit würden an drei Unikliniken – in Jena, Mainz und Schleswig-Holstein – Vorbereitungen für die Forderung nach einem Tarifvertrag Entlastung getroffen, berichtete Bühler. »Das ist auch ein wichtiges Signal an die Politik: Weil uns politische Lösungen in Aussicht gestellt werden, stellen wir nicht unser tarifpolitisches Geschäft ein.«
In 14 Krankenhäusern hat ver.di bereits Vereinbarungen zur Entlastung erreicht. Zum Teil werden diese allerdings nur unzureichend umgesetzt. Eine große Rolle spielte auf der Konferenz deshalb die Diskussion, wie die betreffenden Belegschaften Druck machen können, um die Arbeitgeber zur Einhaltung der Verträge zu zwingen. »Mit den Vereinbarungen für mehr Personal und Entlastung greifen wir zum ersten Mal stark in die Autonomie des Arbeitgebers ein«, erklärte Petra Bäumler-Schlackmann vom Uniklinikum Essen die Widerstände aus dem Management. In Essen habe der Personalrat mehrfach Dienstpläne abgelehnt, weil die vereinbarte Sollbesetzung nicht eingehalten wurde. Im Rahmen einer Einigungsstelle musste die Klinikleitung daraufhin garantieren, in unterbesetzten Schichten Betten zu sperren. »Seither haben wir sehr viel mehr Bettensperrungen«, bilanzierte die Personalrätin, was zur Entlastung beitrage.
Sehr konkret wurde es in den Arbeitsgruppen, die sich mit der Kampfmethode Ultimatum, der Durch- und Umsetzung von Entlastungsverträgen, dem Aufbau betrieblicher Aktivenstrukturen sowie Ideen für bundesweite Aktionen beschäftigten. Vertreter*innen der 14 Kliniken mit tariflichen Vereinbarungen bilanzierten, welche Regelungen sich bewährt haben und welche nicht. Diese Erfahrungen werden aufbereitet. So können die ver.di-Aktiven in kommenden Tarifkonflikten auf dem jeweils besten Stand ansetzen und von den Erfahrungen anderer Belegschaften lernen.
Zum Aufbau betrieblicher Aktivenstrukturen betonte Birgit Onori aus Nordrhein-Westfalen, entscheidend sei die direkte Ansprache der Kolleginnen und Kollegen. »Kein Flugblatt, keine E-Mail erreicht die Menschen so wie das Gespräch.« Als Aktionsidee brachte Volker Mörbe vom Klinikum Stuttgart eine öffentliche Untersuchung ins Spiel, bei der dargestellt wird, wer die Verantwortung für die Misere in den Kliniken trägt. Auch künftig soll es verbindende Aktionen geben. Die Arbeitgeber müssen die bestehenden Vereinbarungen zur Entlastung konsequent umsetzen. Zudem sollen weitere Belegschaften motiviert werden, sich entschieden für Entlastung in ihrer Klink stark zu machen.
Fazit: Es mangelt den ver.di-Aktiven in den Krankenhäusern weder an Ideen noch an Energie. Solange an der Basis keine Entlastung spürbar wird, werden sie weitermachen.
ver.di Bundesverwaltung