Aktion Überstundenberg

12.05.2016
Überstundenberg: Aktion im Mai 2016

35,7 Millionen Überstunden schieben die Beschäftigten in den Krankenhäusern vor sich her, 32,5 Überstunden pro Person. Das ist das Ergebnis einer aktuellen bundesweiten Befragung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in 295 Krankenhäusern, die heute im Rahmen einer Protestaktion vor dem Bundesgesundheitsministerium der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

Wegen des Personalmangels werden nach ver.di-Erhebungen zur Aufrechterhaltung der Versorgung im Durchschnitt vier Überstunden pro Beschäftigten schon im Voraus in die Dienstpläne eingestellt. Hinzu kommen zwölf unvorhersehbare Überstunden pro Beschäftigten und Monat. Das bedeutet, dass die Pflegekräfte zehn Prozent ihrer Arbeitszeit Monat für Monat zu einem nicht planbaren Zeitpunkt erbringen müssen. Der Befund ist skandalös: Um die Versorgung der Patienten zu gewährleisten, werden Überstunden systematisch eingeplant. Ohne das zusätzliche Engagement des Pflegepersonals würde das System Krankenhaus nicht mehr funktionieren. In der Altenpflege ist die Situation ähnlich schlecht.

„Das Pflegestellenförderprogramm der Bundesregierung, mit dem in den nächsten Jahren bis zu 6.200 zusätzliche Stellen finanziert werden sollen, reicht noch nicht einmal dafür aus, die Überstunden abzubauen“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler am Donnerstag in Berlin. Um Überstunden dauerhaft zu vermeiden, seien stattdessen 17.800 zusätzliche Stellen in den Krankenhäusern notwendig.

„Die Beschäftigten im Gesundheitswesen so auszupressen, ist beschämend und hat schwerwiegende Folgen für die Betroffenen: überdurchschnittlich hohe Krankenstände, nur die wenigsten können ihren Beruf bis zum Rentenalter ausüben“, betonte Bühler: „Kurzum: Unter diesen Bedingungen macht Arbeit im Gesundheitswesen krank.“ Besonders belastend sei für die Beschäftigten zudem, dass sie aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen mit ihren Ansprüchen an eine gute Patientenversorgung scheitern. „Die Pflegekräfte und Ärzte wollen sich Zeit für die Patienten nehmen, mit ihnen reden, ihnen zuhören, sie gut therapieren und pflegen. Das geht aber nicht, wenn sie derart unter Druck stehen.“

Bereits im vergangenen Jahr hatte ver.di auf den eklatanten Personalmangel im Gesundheitsbereich aufmerksam gemacht, zuletzt mit einer Petition zur Einführung einer gesetzlichen Personalbemessung an den Deutschen Bundestag. Für Altenpflegeeinrichtungen ist eine Personalbemessung zwar bereits gesetzlich verankert, tritt aber erst 2020 in Kraft – aus Sicht von ver.di viel zu spät. Deshalb fordert ver.di auch dort eine sofortige Einführung und konsequente Umsetzung von bundesweiten gesetzlichen Personalmindeststandards. „Wir brauchen dringend mehr und gut qualifiziertes Personal“, so Bühler.

 

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