Gesundheitsministerkonferenz

»Wir werden keine Ruhe geben«

16.06.2021

Beschäftigtenproteste zur Gesundheitsministerkonferenz - ver.di-Befragung zeigt großen Handlungsdruck für bessere Arbeitsbedingungen

Pressemitteilung. Berlin, 16.06.2021. Überall im Land haben zur Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch Beschäftigte aus Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen für eine Wende in der Gesundheitspolitik demonstriert.

"Zum Ende der Legislaturperiode müssen wir feststellen: Die Bedingungen für die beruflich Pflegenden und die vielen anderen Gesundheitsbeschäftigten haben sich entgegen aller politischer Versprechungen nicht verbessert", begründete ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler die Proteste. "Für die nächste Bundesregierung besteht starker Handlungsdruck. Wir werden keine Ruhe geben, bis sowohl die Gesundheit der Beschäftigten als auch die Versorgungsqualität gesichert sind."

Wie dringend es ist, endlich politisch einzugreifen, machen die Ergebnisse des aktuellen "Versorgungsbarometers" deutlich. Die von ver.di initiierte Befragung, die am Mittwoch vorgestellt wurde und an der sich rund 12.000 Beschäftigte aus Krankenhäusern, Psychiatrien, Altenpflege und Servicebereichen beteiligt haben, belegen eindrücklich gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und Überlastung. Demnach können sich 78 Prozent der Befragten nicht vorstellen, ihren Beruf unter den aktuellen Bedingungen bis zum gesetzlichen Rentenalter ausüben zu können. Nahezu drei Viertel der Befragten müssen nach eigener Einschätzung mit einer (viel) zu geringen Personalausstattung arbeiten. Die Mehrheit der Auszubildenden muss teilweise oder ganz ohne strukturierte Praxisanleitung auskommen. "Das passt vorne und hinten nicht zusammen. Die Beschäftigten werden für eine gute Versorgung dringend gebraucht, das hat die Pandemie allen noch einmal vor Augen geführt.

Doch statt ihnen den roten Teppich auszurollen, werden viele förmlich ausgepresst und damit letztlich vergrault", sagte Bühler.

Die Auswirkungen auf Patienten und pflegebedürftige Menschen können folgenschwer sein. So geben 43 Prozent der Befragten im Krankenhaus an, Patientinnen und Patienten könnten nach einer OP nicht immer engmaschig überwacht werden. In psychiatrischen Einrichtungen können in 60 Prozent der Fälle nicht alle nötigen Einzeltherapien durchgeführt werden, die entscheidend zum Genesungserfolg und zur Vermeidung von Gewalt beitragen. In der Altenpflege fehlt fast drei von vier Beschäftigten Zeit, Gespräche zu führen und zuzuhören - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen. Unter den Servicekräften sind 23 Prozent auf Zweit- oder Drittjobs angewiesen, um finanziell über die Runden zu kommen.

"Es müssen endlich wirksame Maßnahmen auf den Weg gebracht werden", forderte Bühler. Dazu gehörten verbindliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben sowie - insbesondere in der Altenpflege und im Servicebereich - eine deutlich bessere Bezahlung. Mit der weit verbreiteten Tarifflucht von Arbeitgebern finde man sich nicht ab.

"Es kommt nicht darauf an, viele Gesetze auf den Weg zu bringen, sondern wirkungsvolle, die die Probleme nachhaltig lösen. Das ist Bundesgesundheitsminister Spahn den Beschäftigten im Gesundheitswesen schuldig geblieben." Ihre Kritik daran hätten die Beschäftigten mit den Protestaktionen zur Gesundheitsministerkonferenz klar zum Ausdruck gebracht.

In nahezu allen Landeshauptstädten und an etlichen weiteren Orten sind Beschäftigte aus Gesundheitseinrichtungen am Mittwoch anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz auf die Straße gegangen. Im Internet lief parallel ein Livestream, bei dem Beschäftigte unterschiedlicher Berufsgruppen und Einrichtungen zu Wort kamen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte bei der Kundgebung in München seine Politik und erklärte, "das eigentliche Problem" sei, dass offene Stellen in der Pflege nicht besetzt werden könnten. Sylvia Bühler hielt dem entgegen, dass die nötigen Arbeitskräfte nur mit besseren Arbeitsbedingungen gewonnen und gehalten werden könnten. "Und dafür brauchen wir klare und bedarfsgerechte Personalvorgaben und vor allem in der Altenpflege eine anständige Bezahlung. Hier hat die Bundesregierung ihren Job nicht gemacht."

Weitere Informationen zum Versorgungsbarometer: https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/versorgungsbarometer

 

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