Klinikpersonal entlasten

Pflegekräfte begehen »Jahreswechsel«

24.10.2018

Kreative »Silvester«-Aktionen von Klinikbeschäftigten am 22. Oktober machen klar: Das Personal für 2018 ist aufgebraucht. Am 23. Oktoer wurde vielerorts nicht eingesprungen.

 
»Silvester«-Aktionen am Universitätsklinikum Mannheim

In allen Regionen des Landes haben am Montag und Dienstag (22./23. Oktober 2018) Klinikbeschäftigte frühzeitig Neujahr gefeiert. Denn schon mitten im Oktober wäre das Personal der Krankenhäuser »aufgebraucht«, wenn die Schichten so besetzt würden, wie es für eine gute Patientenversorgung notwendig ist. Das hat ver.di auf Grundlage einer Befragung errechnet, an der sich bundesweit rund 600 Stationsteams beteiligten. Auf diesen Missstand machten Beschäftigte mit einer Vielzahl kreativer Aktionen aufmerksam.

So zum Beispiel am Uniklinikum Mannheim, wo die ver.di-Aktiven die Kolleginnen und Kollegen in der Nachtschicht auf den Stationen besuchten. »Viele waren total überrascht und manche am Anfang auch ein bisschen genervt, weil sie bei der Arbeit kaum hinterher kommen«, berichtete Betriebsrat Bernd Gräf. »Aber das hat sich immer ganz schnell gedreht, als klar wurde, warum wir ausgerechnet jetzt mit ihnen Silvester feiern wollten.« Die Gewerkschafter drückten den Pflegekräften nicht nur Glückskäfer aus Schokolade, sondern auch ein Blatt mit einem Foto von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in die Hand, mit dem Schriftzug »Sofortmaßnahmen auf der Rückseite«. Wer es umdrehte sah allerdings – nichts, nur ein weißes Blatt Papier. »Da hatten wir die Lacher auf unserer Seite. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung sind nämlich nicht der Rede wert – und manche sogar schädlich.«

Ebenfalls gut an kamen die vielen guten Vorsätze, die die Gewerkschafter/innen ihren Kolleginnen und Kollegen zum »neuen Jahr« vorschlugen: »Ich lasse mich nicht mehr hetzen! Mein Frei gehört ab diesem Jahr mir! Ich werde ohne schlechtes Gewissen nach Hause gehen!« und vieles mehr war darunter. »Das war eine gute Aktion«, fasste Betriebsrat Gräf zusammen. »Wir haben erneut dafür sensibilisiert, dass überall in den Kliniken Personal fehlt – auch in Mannheim.«

 
Auch das SRH Krankenhaus Waltershausen-Friedrichroda feiert Silvester

Auch in der Altenpflege fehlt Personal

In der Zentralklinik Bad Berka in Thüringen gingen Mitglieder der ver.di-Tarifkommission ebenfalls in der Nacht zum Dienstag durch das Haus und diskutierten mit insgesamt 52 Kolleginnen und Kollegen über die angespannte Personalsituation, die kritischen Arbeitsbedingungen und den aktuellen Tarifabschluss. An der Freiburger Uniklinik teilten Teamdelegierte und Personalräte Sekt und Brezeln zum »Jahreswechsel« aus. Hier verbanden sie die Aktion mit einem Nachtdienstcheck auf 43 Stationen. »Wir wollten überprüfen, wie der für die baden-württembergischen Unikliniken geschlossene Entlastungs-Tarifvertrag wirkt«, erklärte ver.di-Sekretär Ingo Busch. Das Ergebnis ist ernüchternd. Die in der Vereinbarung zugesagte doppelte Nachtdienstbesetzung werde fast nirgendwo eingehalten, wo dies nicht schon vorher der Fall war. Die meisten Kolleginnen und Kollegen hätten erklärt, dass die versprochene Entlastung nicht bei ihnen ankomme. »Das ist ein Tarifvertrag auf Bewährung mit kurzer Laufzeit«, erinnerte der Gewerkschafter. »Der Arbeitgeber sollte die Regelungen jetzt schnell umsetzen, sonst machen wir wieder Druck.«

Ebenfalls eine Vereinbarung über mehr Personal und Entlastung hat ver.di am Universitätsklinikum des Saarlandes erreicht. Diese soll am Mittwoch (24. Oktober 2018) öffentlich unterzeichnet werden. Dort wie im ganzen Saarland haben Pflegekräfte am Dienstag ihre Ankündigung wahrgemacht, an diesem Tag nicht außerplanmäßig einzuspringen. »In den Krankenhäusern wurde das größtenteils umgesetzt. Und auch in der Altenpflege haben sich einige Einrichtungen an der Aktion beteiligt«, berichtete ver.di-Sekretär Michael Quetting. »Denn auch in der Altenpflege fehlt es an allen Ecken und Enden an Personal.« Am Dienstagnachmittag kamen Altenpflegeschüler im rheinland-pfälzischen Trier zu einer ver.di-Veranstaltung zusammen, um über Wege zur Entlastung zu diskutieren. In der SHG-Klinik im saarländischen Völklingen hat der Betriebsrat unterdessen beschlossen, kurzfristigen Dienstplanänderungen nicht mehr zuzustimmen. Die Qualitätsstandards seien sonst nicht mehr haltbar, hieß es.

»Egal ob nun im Krankenhaus, im Altenheim oder in der ambulanten Versorgung – das Personal ist am 22. Oktober alle«, brachte es der Gewerkschaftssekretär Quetting zum Abschluss der Aktionen nochmals auf den Punkt. »Wir werden nicht aufhören, diesen Skandal öffentlich anzuprangern. Auch im neuen Jahr.«

 
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