Heilerziehungspflege

Azubis fordern attraktivere Bedingungen

11.06.2020

Die Heilerziehungspflege ist ein schöner und gesellschaftlich wichtiger Beruf. Die Auszubildenden erwerben sowohl pädagogische als auch pflegerische Kenntnisse und Fähigkeiten, um Menschen mit Beeinträchtigung zu unterstützen und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Doch bei den Ausbildungsbedingungen liegt einiges im Argen. Das zeigt eine Befragung von fast 900 angehenden Heilerziehungspfleger*innen, die die Gewerkschaft ver.di Ende 2019 durchgeführt hat. Das Ergebnis macht deutlich, dass die Ausbildung attraktiver werden muss. Durch einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die Abschaffung von Schulgeld, bessere Praxisanleitung und Entlastung bei der Gestaltung von Schul- und Arbeitszeiten.

 
Heilerziehungspflege

Angemessene Vergütung

Jede*r fünfte Befragte gibt an, in der praktischen Ausbildung nicht bezahlt zu werden. Doch selbst die anderen sind meist nicht abgesichert. Denn viele erhalten nur sehr geringe Beträge, zum Beispiel Aufwandsentschädigungen von 100 Euro. Die meisten verfügen über rund 800 Euro im Monat. Die großen Unterschiede in der Bezahlung sind ungerecht. Wer nebenher auch noch in der Einrichtung als Hilfskraft jobben muss, um über die Runden zu kommen, hat es schwerer. Das schadet auch der Ausbildungsqualität und der Attraktivität des Berufs.

Deshalb fordert ver.di einen gesetzlichen Anspruch auf eine angemessene Ausbildungsvergütung!

Schulgeld abschaffen

60 Prozent der Auszubildenden in der Heilerziehungspflege müssen Schulgeld bezahlen oder andere Kosten tragen, zum Beispiel für Fachbücher. Das heißt: Viele bezahlen für die Ausbildung statt etwas zu verdienen. Bei fast allen anderen Berufen ist es umgekehrt. Klare Sache:

Um in Zukunft genug Fachkräfte zu gewinnen, müssen Schulgeld und sonstige Gebühren überall abgeschafft werden!

 
Nina Benkel

Nina Benkel ist Heilerziehungspflegerin und Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) am Blindeninstitut Würzburg.

»Wer eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin macht, muss eine enorme Doppelbelastung aushalten. Vielfach wird die Schulzeit kaum oder gar nicht angerechnet, so dass mensch zum Teil 20 Tage am Stück arbeiten bzw. in die Schule gehen muss. Zugleich werden in der theoretischen Ausbildung hohe Anforderungen gestellt. Das ist körperlich und psychisch extrem anstrengend und macht Menschen krank. Mich hat diese Situation dazu gebracht, in der Jugendvertretung aktiv zu werden. Ich wollte es nicht hinnehmen, dass Auszubildende in der Heilerziehungspflege kaum Rechte haben. Die Heilerziehungspflege braucht bundesweit einheitliche und verbindliche Regeln. Das gilt auch für die Bezahlung, für Prüfungen und alles andere.«

 

 

Auszubildende entlasten

Viele Befragte beklagen großen Stress und zu kurze Erholungsphasen. Sie arbeiten bis zu zwölf Tage am Stück, Arbeitseinsätze und Schultage gehen oft nahtlos ineinander über. Zum Teil gelten Fehlzeiten durch Krankheit, Klassenfahrten etc. als »Minusstunden« und müssen nachgeholt werden. Es werden Überstunden, lange Schichten und Bereitschaftsdienste gearbeitet. Die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sind in den Dienstplänen oft nicht berücksichtigt.

Um die herausfordernde Ausbildung gut zu bewältigen, müssen ausreichende Ruhezeiten eingeplant werden. Regelungen, durch die Auszubildende mit zu hohen Fehlzeiten – unabhängig von deren Grund – von der Abschlussprüfung ausgeschlossen werden, gehören abgeschafft. Die Auszubildenden dürfen nicht dazu missbraucht werden, den Personalmangel auszugleichen!

Die Befragung hat gezeigt: Bundesweit einheitliche Standards sind wichtig, um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern und den hohen Fachkräftebedarf langfristig zu sichern. Gute Bedingungen und eine angemessene Vergütung müssen gesetzlich garantiert sein. Dafür setzt sich ver.di weiter ein. Mach mit!

 

Sylvia Bühler ist im ver.di-Bundesvorstand zuständig für das Gesundheits- und Sozialwesen.

»Heilerziehungspfleger*innen üben eine gesellschaftlich wichtige und hoch anspruchsvolle Tätigkeit aus. Sie verdienen Anerkennung und materielle Wertschätzung, und das beginnt in der Ausbildung. Die betrieblich-schulischen Auszubildenden in öffentlichen Kliniken haben 2019 erstmals Tarifverträge erkämpft. Seither bekommen angehende Therapeut*innen und Medizinisch-Technische Assistent*innen eine Vergütung, die zum Leben reicht. Das zeigt, was möglich ist, wenn man sich gewerkschaftlich organisiert und für gemeinsame Anliegen einsetzt.«

 


Auszubildende – gemeinsam stark mit ver.di

  • ver.di verhandelt Tarifverträge – auch für Auszubildende.
  • ver.di berät euch bei allen Fragen rund um eure Ausbildung. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch einfordern.
  • ver.di setzt sich gegenüber den politisch Verantwortlichen für eine Aufwertung eures Berufs und für gute gesetzliche Regelungen ein.
  • ver.di berät und vernetzt Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV).

 

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