Diakonie Baden

Ultimatum in der Diakonie Baden

04.03.2019

Beschäftigte in der Essensversorgung der Altenhilfeeinrichtung Elisabethenheim Müllheim stellen ihren Arbeitgeber vor die Wahl: Mehr Personal oder Schluss mit Überstunden.

 

In der stationären Altenhilfeeinrichtung Elisabethenheim Müllheim wehren sich die Beschäftigten in der Essensversorgung gegen die drastische Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Nach der Kündigung von 6,3 Vollzeitstellen zum Jahreswechsel wurde ihre tägliche Einsatzzeit fast halbiert. Sollte der Arbeitgeber ihre Forderung nach einer fünften Person in Früh- und Spätdienst bis Ostern nicht erfüllen, kündigen sie Konsequenzen an. Mit diesem wohl ersten Ultimatum im kirchlichen und im hauswirtschaftlichen Bereich reagieren die Mitarbeiter/innen auf das rücksichtslose Vorgehen ihres Arbeitgebers. Die Kolleg/innen fordern ihren Arbeitgeber mit folgenden Worten zum Handeln auf:

 

Ultimatum

„Wir arbeiten im Elisabethenheim in Müllheim (Evang. Sozialwerk Müllheim e.V.) und sind in Sorge wegen der qualifizierten Essensversorgung unserer Bewohner/innen. Wir möchten die Bewohner/innen gut mit Essen versorgen. Wir wollen unsere Kolleg/innen aus der Pflege von pflegefremden Tätigkeiten entlasten, doch wir sind erschöpft. Wir können nicht mehr. Seit der Umstrukturierung Anfang 2019 und dem Freisetzen von 6,3 Vollzeitstellen in der Essensversorgung fehlt es an Personal. Wir können und wollen die Belastungen nicht länger ertragen. Unsere Geduld ist am Ende. Seit Wochen versuchen wir mit unserer MAV die Situation zu verbessern. Vergebens. Die Art und Weise, wie mit uns umgegangen wird, ist nicht wertschätzend. Jetzt zwingen wir unseren Arbeitgeber zum Handeln.

  • Wir verlangen das Einplanen einer fünften Präsenzkraft im Früh- und im Spätdienst sowie das dienstplanmäßige Einplanen der aktuell gearbeiteten Arbeitszeiten in der Hauswirtschaft.  
  • Wir fordern mindestens 40 Minuten Zeit je Bewohner und Tag für die Versorgung unserer Bewohner/innen mit Frühstück, Mittagessen und Abendessen.
  • Wir fordern außerdem die Einhaltung der Dienstvereinbarung zu Regelungen der Arbeitszeit, Urlaubsplanung bzw. -berechnung und der Dienstplanung vom 12.12.2017

Wir geben dem Vorstand bis zum 22.04.2019 Zeit, das Problem zu lösen. Sollte bis zu diesem Datum keine Änderung erfolgt sein, dann werden wir:

  • nicht mehr über die im Dienstplan festgelegte Arbeitszeit hinaus arbeiten
  • nicht mehr aus dem Frei kommen
  • nicht mehr bereit sein, über 10 Stunden täglich zu arbeiten
  • uns streng nach Recht und Gesetz richten und nach Vorschrift arbeiten“.

 

 

Die Kolleg/innen der Hauswirtschaft geben mit diesem Vorgehen die richtige Antwort auf die drastische Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Sie nehmen das Heft in die Hand und vertrauen nicht darauf, dass andere das Problem für sie lösen. Von der Änderung der Arbeitsbedingungen in der Hauswirtschaft sind auch die Kolleg/innen in der Pflege massiv betroffen. Die dringend notwendige Entlastung und Aufwertung der Altenpflege wird auf diese Weise nicht gelingen. 


 
Die Kolleg/innen der Hauswirtschaft setzen ihrem Arbeitgeber ein Ultimatum für bessere Arbeitsbedingungen

Hintergrund

Schon im Frühjahr 2017 wurde im Elisabethenheim angekündigt, die Zentralküche zu schließen und die Essensversorgung auf dezentrale Küchen in den Wohnbereich zu verlagern. In einer ersten Welle wurden drei Kündigungen ohne die gesetzlich geforderte Zustimmung der Mitarbeitervertretung ausgesprochen. Etliche Arbeitnehmer/innen haben aufgrund der Ankündigung der Küchenschließung „freiwillig“ die Einrichtung verlassen. Die Forderung der Mitarbeitervertretung zum Abschluss eines Sozialplanes führte aufgrund der Schwäche des Mitarbeitervertretungsgesetzes nicht zum Erfolg. In einer zweiten Welle sprach der Arbeitgeber zum Ende des Jahres 2018 weitere Kündigungen aus – gänzlich ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretung, ohne Beachtung von tariflicher Unkündbarkeit (nach AVR) und ohne Beachtung einer Sozialauswahl. Insgesamt wurden in der Essensversorgung 6,3 Vollzeitstellen abgebaut. Die tägliche Einsatzzeit wurde von 80 Stunden auf durchschnittlich 42 Stunden reduziert, ohne dass Tätigkeiten in wesentlichem Umfang weggefallen sind. Die Versorgung der rund 90 Bewohner/innen der stationären Pflege zuzüglich der Gäste des Betreuten Wohnens und diverser anderer Kunden, musste ab dem neuen Jahr von den verbliebenen Beschäftigten sichergestellt werden. Eine dauerhafte Überlastungssituation war die Folge dieses Verhaltens. Über hundert Gefährdungs- und Überlastungsanzeigen wurden an den Arbeitgeber gerichtet – ohne nennenswerte Reaktion des Arbeitgebers.

Daniel Wenk

 

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